Bestandnehmer hat Kosten für die gesetzlich vorgeschriebenen Überprüfungen eines Flüssiggastankes zu tragen

Thema:  Die Kosten für die gesetzlich vorgeschriebenen Überprüfungen eines Flüssiggastankes der Flaga GmbH können laut OGH auf den Bestandnehmer überwälzt werden.

Gesetz: § 879 Abs 3 ABGB, § 1096 Abs 1 ABGB, § 12 Abs 1 bgld GSG

Schlagwörter: Flüssiggastank, Bestandvertrag, Erhaltungspflichten, Kesselüberprüfung, Wartung, Betreiber, Kosten, gröbliche Benachteiligung

Urteil: OGH 20.2.2018, 10 Ob 69/17w

Leitsatz: Im vorliegenden Fall wurde die Frage geklärt, ob die Kosten für die gesetzlich und behördlich vorgeschriebenen wiederkehrenden Überprüfungen des Bestandgegenstandes (ein Flüssiggastank) von der Kundin als Bestandnehmerin oder vom Flüssiggasunternehmen als Bestandgeber zu zahlen sind. Strittig war, ob die Überwälzung dieser Prüfkosten auf die Kundin, wie in einer Klausel des Bestandvertrages vorgesehen, gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB ist. Der Betrag von € 1.643,65 wurde klagsweise gegen das Flüssiggasunternehmen geltend gemacht. Der Rückforderungsanspruch der Kundin wurde an die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte abgetreten. Der OGH kam zum Ergebnis, dass eine Überwälzung dieser Prüfkosten auf den Kunden nicht gröblich benachteiligend sei. Es würde sich dabei nicht um Instandhaltungsarbeiten  im Sinn des § 1096 Abs 1 Satz 1 ABGB handeln, weil die Überprüfungen nicht der Erhaltung der Bestandsache sondern der Kontrolle der Funktion und der Sicherheit der Gasanlage diene. Die Kundin hätte diese Überprüfungen auch dann auf ihre Kosten vornehmen müssen, wenn sie den Gastank von der Beklagten gekauft hätte, so der OGH. Außerhalb des Vollanwendungsbereiches des MRG entspreche es auch dem dispositiven Recht, dass die Erwirkung der zum bedungenen Gebrauch erforderlichen Bewilligungen vertraglich generell dem Bestandnehmer überbunden werden können (3 Ob 47/13b; 8 Ob 28/16z; RIS-Justiz RS0020947).

 

Sachverhalt:

Im vorliegenden Fall mietete die Kundin im Oktober 1991 vom beklagten Flüssiggasunternehmen einen Gastank, den die Kundin als Teil ihrer Heizanlage nutzte. Die Kundin bezahlte dafür einen Bestandzins in Höhe von 28.800 ATS für 15 Jahre im Voraus. Nach Ablauf von 15 Jahren wurde der Tank von der Beklagten unentgeltlich zur Verfügung gestellt.

Im Bestandvertrag war unter dem Titel § 5 Instandhaltung des Bestandgegenstandes geregelt, dass in einverständlicher Abänderung der in § 1096 ABGB festgelegten Verbindlichkeiten der Bestandnehmer die Verpflichtung übernehme, den Bestandgegenstand auf seine Kosten ohne Anspruch auf Ersatz in Ordnung und vertragsmäßig brauchbarem Zustand zu erhalten (Abs 3 ). Weiters heißt es in Abs 6, dass die Behebung von Mängeln am Bestandgegenstand durch den Bestandgeber zu erfolgen habe und zwar, wenn sie auf dessen Verschulden zurückzuführen seien, unentgeltlich, im anderen Fall auf Kosten des Bestandnehmers.

Betreffend Kostentragung der gesetzlich und behördlich vorgeschriebenen wiederkehrenden Überprüfungen des Gastanks enthält Abs 8 eine Klausel, wonach der Bestandnehmer diese Kosten ohne Anspruch auf Ersatz zu tragen habe.

Die gesetzlich vorgeschriebenen regelmäßigen Überprüfungen des Gastanks ließ die Kundin auf eigene Kosten durchführen. Sie bezahlte dafür im Zeitraum vom 20.6.2000 bis 2.3.2015 einen Betrag von insgesamt € 1.643,65. Anlässlich dieser Überprüfungen prüfte ein von der Kundin beauftragtes Kesselprüfunternehmen die Einhaltung der vorgeschriebenen Schutzzone um den Tank, den Korrosionsschutz und die Ventile auf Dichtheit und Funktion. Weiters wurde auch eine Schutzstrommessung vorgenommen. Von Zeit zu Zeit wurde überdies eine Schallemissionsprüfung zur Prüfung der Druckdichtheit vorgenommen.

Strittig war, ob die Überwälzung dieser Prüfkosten auf die Kundin gröblich benachteiligend ist. Der von der Kundin bezahlte Betrag von € 1.643,65 wurde klagsweise gegen das Flüssiggasunternehmen geltend gemacht, wobei der Rückforderungsanspruch der Kundin an die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte abgetreten wurde.

Laut Bestandvertrag war vorgesehen, dass der Bestandnehmer diese Kosten ohne Anspruch auf Ersatz zu tragen habe.

Im Verfahren wurde auf Klägerseite im Wesentlichen wie folgt argumentiert: 

Die Klägerin brachte vor, dass die generelle Überwälzung der gemäß § 1096 Abs 1 ABGB den Bestandgeber treffenden Instandhaltungspflicht auf den Bestandnehmer nach der Rechtsprechung gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB sei. Die Kosten der vorgeschriebenen Kesselüberprüfungen seien nämlich Kosten, die im Zusammenhang mit der Erhaltungspflicht der Bestandgeberin stünden, weil diese Überprüfungen sicherstellen sollten, dass vom Bestandobjekt keine Gefahr ausgehe. Die Bestimmung des § 1096 ABGB lege den Bestandgeber umfassend die Verpflichtung auf, den Bestandgegenstand in brauchbaren Zustand zu übergeben und zu erhalten. Das impliziere, dass die gesetzlich vorgeschriebenen behördlichen Bewilligungen vorliegen und vom Bestandgegenstand keine Gefahren ausgehen. Ohne Durchführung der vorgeschriebenen Überprüfungen wäre nämlich der von der Beklagten geschuldete bedungene Gebrauch der Bestandsache nicht mehr gewährleistet. Mangels behördlicher Überprüfungen würde dem Kunden eine Sperre drohen und damit die Unbenutzbarkeit der Anlage. Deshalb seien diese Maßnahmen und Kosten der Sphäre der Beklagten zuzurechnen.

In diesem Zusammenhang wurde auch angemerkt, dass Erhaltungsmaßnahmen im Sinne des § 1096 ABGB nicht immer bauliche Reparaturmaßnahmen sein müssen, wobei ua auf die Elektrotechnikverordnung 2002/A2 verwiesen wurde, die in § 7a vorsieht, dass bei Vermietung einer Wohnung gemäß § 2 Abs 1 MRG sicherzustellen sei, dass die elektrische Anlage der Wohnung den Bestimmungen des ETG 1992 entspricht. Das heißt, Vermieter müssen sicherstellen, dass die Elektrik in Wohnungen den einschlägigen Sicherheitsvorschriften entspricht. Die Instandhaltungspflicht des Vermieters schließt nämlich ein, dass vom Mietobjekt keine Gefahren für Personen und Sachen ausgehen dürfen. Eine Übertragung der Erhaltungspflicht der elektrischen Anlage und damit der anzuwendenden elektrotechnischen Schutzmaßnahmen auf den Mieter wäre in nur sehr engem Umfang zulässig (vgl. Anton Schäfer, Auswirkungen der Elektrotechnikverordnung 2002/A2 auf Mietverhältnisse, Zak 2011/159,91).

Auch im vorliegenden Fall soll durch die vorgeschriebenen, wiederkehrenden Überprüfungen durch eine Kesselprüfstelle sichergestellt werden, dass vom Gastank keine signifikante Gefahr ausgeht. Würde nämlich anlässlich dieser Prüfung ein wesentlicher Mangel festgestellt, so müsste dieser Mangel behoben werden, da der Bestandgegenstand andernfalls nicht mehr zum bedungenen Gebrauch im Sinne des § 1096 ABGB tauglich wäre, die Flüssiggasanlage dürfte dann schlichtweg nicht mehr betrieben werden. Und weil gerade die wiederkehrenden Überprüfungen allfällige Mängel erst aufdecken, hat der Bestandgeber im Rahmen seiner Erhaltungspflicht solche sicherheitstechnischen Belange zu beachten und daher auch die Kosten der wiederkehrenden Überprüfungen zu tragen (vgl. Renate Pletzer, Zur Erhaltungspflicht des Vermieters bei erheblicher Gesundheitsgefährdung, Zak 2011/158,83).

Nach den einschlägigen Bestimmungen des Kesselgesetzes, des Druckgerätegesetzes und des burgenländischen Gassicherheitsgesetzes würden die gesetzlich und behördlich vorgeschriebenen Überprüfungen des Bestandgegenstandes zwar dem Betreiber auferlegt, allerdings sei zu bedenken, dass die Durchführung dieser Arbeiten und die damit verbundenen Kosten in einem engen Konnex mit der Gewährleistungspflicht bzw. Erhaltungspflicht des Bestandgebers stehen.  Selbst wenn der Bestandnehmer als Betreiber der Anlage Normadressat sein sollte (dazu hat das Erstgericht keine Feststellungen getroffen), würde das noch nicht heißen, dass der Aufwand der Überprüfung auch im zivilrechtlichen Verhältnis zwischen Bestandnehmer und Bestandgeber vom Bestandnehmer zu tragen sei. Die einschlägigen Verwaltungsvorschriften würden nämlich nicht regeln, wer die Kosten für die regelmäßigen Überprüfungen tragen soll. Wenn in den Sicherheitsvorschriften vom Betreiber die Rede sei, so sei im Sinne des Gesetzgebers offenbar jener gemeint, der die Verfügungsgewalt über die Anlage habe und der daher auch in der Lage sei, die Verantwortung für die Sicherheit der Anlage zu übernehmen und allfällige Mängel zu beheben.

Betreffend der vom Erstgericht vorgenommenen Qualifikation der Prüfkosten als Betriebskosten und nicht als Erhaltungskosten führte der Kläger aus, dass zwar im Vollanwendungsbereich des MRG zwischen dem Hauptmietzins einerseits und den Betriebskosten andererseits differenziert werde, außerhalb des Vollanwendungsbereiches des MRG würde es hingegen keine entsprechende gesetzliche Differenzierung geben. In solchen Fällen hätte gemäß § 1099 ABGB „alle Lasten und Abgaben“ der Vermieter zu tragen. Darunter würden Zahlungsverpflichtungen privatrechtlicher Natur (Lasten) und auch Abgaben aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften fallen. Wären die Kosten der behördlichen Überprüfungen unter den Begriff der „Lasten und Abgaben“ iSd § 1099 ABGB zu subsumieren, so bedürfte die Klausel ebenso einer sachlichen Rechtfertigung wie im Fall eines Abgehens von § 1096 ABGB.

 

Der OGH führte wie folgt aus:

Entgegen der Rechtsansicht des Klägers ging der OGH nach den für ihn bindenden Feststellungen des Erstgerichtes (das Erstgericht qualifizierte diese Prüfkosten als Betriebskosten und nicht als Erhaltungskosten; die Vorinstanzen haben auch darauf hingewiesen, dass  die Pflicht zur Durchführung der regelmäßigen Prüfungen der Gasanlage gem. § 12 bgld GSG den Betreiber trifft, sohin die Kundin) davon aus, dass es sich dabei nicht um Instandhaltungsarbeiten  im Sinn des § 1096 Abs 1 Satz 1 ABGB handle, weil die Überprüfungen nicht der Erhaltung der Bestandsache sondern der Kontrolle der Funktion und der Sicherheit der Gasanlage diene. Die Kundin hätte diese Überprüfungen auch dann auf ihre Kosten vornehmen müssen, wenn sie den Gastank von der Beklagten gekauft hätte.  Die gesetzlichen Überprüfungen würden sich auch auf Teile der betreffenden Gasanlage beziehen, die nicht von der Beklagten in Bestand gegeben worden seien (Kessel, Radiatoren) und seien schon deshalb nicht von der Beklagten zu tragen.

Die vorgeschriebenen wiederkehrenden Überprüfungen der Gasanlage seien keine typische Bestandgeberpflicht.

So sei der Bestandgeber im Zweifel für die Erlangung baurechtlicher Bewilligungen (RIS-Justiz RS0021006) verantwortlich, nicht aber für Betriebsanlagengenehmigungen (9 Ob 43/98h). Außerhalb des Vollanwendungsbereiches des MRG entspreche es auch dem dispositiven Recht, dass die Erwirkung der zum bedungenen Gebrauch erforderlichen Bewilligungen vertraglich generell dem Bestandnehmer überbunden werden können (3 Ob 47/13b; 8 Ob 28/16z; RIS-Justiz RS0020947).  Die betreffende Klausel regle daher nicht die vertragliche Überwälzung von Instandhaltungskosten auf die Bestandnehmerin, sondern stelle lediglich klar, dass die Bestandnehmerin die Kosten der behördlichen Überprüfungen der von ihr betriebenen Gasanlage auch insofern zu tragen habe, als von dieser Überprüfung auch die Bestandsache erfasst sei, so der OGH.

Der OGH kam zum Ergebnis, dass ein Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB nicht vorliegen würde.