Zur Beachtlichkeit einer automatisierten Abwesenheitsnotiz

Thema: Rechtswidrige Klauseln rund um die elektronische  Zusendung der Monatsrechnung

Gesetz: § 879 Abs 3 ABGB, § 6 Abs 3 KSchG, § 864a ABGB, § 6 Abs 1 Z 3 KSchG, § 12 ECG, § 26 Abs 2 ZaDiG, § 44 Abs 2 Z 2 ZaDiG

Schlagwörter: Allgemeine Geschäftsbedingungen, Kreditkarte, Rechnung, elektronische Zusendung, elektronische Erklärung, Machtbereich, Zugangsfiktion, Abwesenheitsnotiz, intransparent, gröbliche Benachteiligung

Urteil: OGH 29.01.2014, 9 Ob 56/13w

Leitsatz: Im Auftrag der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte wurde erfolgreich eine Verbandsklage wegen rechtswidriger Klauseln im Kreditkartengeschäft gegen ein Kartenunternehmen geführt. Konkret ging es um die „Geschäftsbedingungen für die elektronische Zusendung der Monatsrechnung per E-Mail der Card complete Service Bank“.  Der Oberste Gerichtshof (OGH) erklärte eine Klausel für gröblich benachteiligend, wonach eine Abwesenheitsnotiz des Karteninhabers einer wirksamen Zustellung der Monatsabrechnung nicht entgegenstehen sollte. Selbst wenn die Monatsrechnung technisch abrufbar auf der Mailbox des Empfängers zur Verfügung stehe, wird der Absender durch eine Abwesenheitsnotiz nahezu zeitgleich darüber verständigt, dass der Empfänger wegen Krankheit, Urlaub usw. seinen E-Mail-Account vorübergehend nicht oder nicht regelmäßig überprüfen wird. Der Absender dürfe sich daher auch nicht erwarten, dass der Empfänger die Monatsrechnung zeitnah mit dem Eingang in seine Maolbox zur Kenntnis nehme. Dem Karteninhaber sei nämlich nicht stets und überall ein Abruf seiner E-Mails möglich oder zumutbar, so der OGH. Nicht anders als bei Postzustellungen sei dem Karteninhaber, der sich mit der Zusendung der Monatsrechnung per E-Mail einverstanden erklärt hat, zuzugestehen, der Wirksamkeit einer Zustellung von E-Mails durch Bekanntgabe seiner Abwesenheit mittels automatisierter Reply-Funktion vorzubeugen.

Strittig war auch eine Klausel, wonach sich der Karteninhaber bei Verwendung von Kartendaten in elektronischen Datennetzen ausschließlich verschlüsselter Systeme zu bedienen hatte, die auf der Website www.cardcomplete.com bekanntgegeben werden.  Sollte der Karteninhaber unverschlüsselte Systeme verwenden, sah die Klausel im Fall von Schäden ein Mitverschulden des Karteninhabers vor. Das Berufungsgericht hielt den ersten Satz der Klausel für intransparent und deshalb unzulässig, weil das beklagte Kartenunternehmen auf seiner Website keine einfachen Querverweise auf die bedingungsgemäß verwendbaren verschlüsselten Systeme und auch keine konkrete Auflistung in seinen „Sicherheitstipps“ anbiete. Den 2. Satz der Klausel erklärte das Berufungsgericht allerdings im Lichte der Bestimmung des § 44 Abs 2 Z 2 ZaDiG für zulässig, weil diese Bestimmung Raum für eine Mithaftung des Konsumenten biete, wenn er gegen vereinbarte Nutzungsbedingungen verstoße (hier bedingungswidrig unverschlüsselte Systeme verwende). Nach dieser Bestimmung ist eine Haftung aus der missbräuchlichen Verwendung von Zahlungsinstrumenten dann vorgesehen, wenn der Zahler eine oder mehrere vereinbarte Bedingungen für die Nutzung des Zahlungsinstruments verletzt hat. Wurden die in dieser Bestimmung statuierten Pflichten und Bedingungen vom Zahler nur leicht verletzt, so ist seine Haftung für den Schaden auf den Betrag von € 150,- beschränkt.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes erklärte der OGH auch den 2. Satz dieser Klausel für unzulässig, da unklar bleibe, inwiefern schon aus der bloßen Verwendung von Kartendaten in unverschlüsselten Systemen ein Mitverschulden ableitbar sein sollte. Da der 1. Satz dieser Klausel als unzulässig weggefallen war, fehlte es an einer entsprechenden Vereinbarung, nur verschlüsselte Systeme zu verwenden; deshalb befand der OGH auch den 2. Satz der Klausel für intransparent.