Thema: OGH erklärte Haftungsausschluss des Kreditkartenunternehmens Card complete Service Bank AG für rechtswidrig
Gesetz: § 879 Abs 3 ABGB, § 6 Abs 1 Z 9, § 36 ZaDiG, § 44 ZaDiG, § 26 Abs 6 ZaDiG
Schlagwörter: Kreditkartenunternehmen, allgemeine Geschäftsbedingungen, Monatsrechnung, elektronische Zusendung, Zugang, Haftung, Schaden, Zahlungsdienste
Urteil: 9 Ob 7/15t, 29.4.2015
Leitsatz: Im Auftrag der Bundesarbeiterkammer wurde erfolgreich ein Verbandsverfahren gegen die Card complete Service Bank AG geführt. Strittig war eine Klausel aus den Geschäftsbedingungen für die elektronische Zusendung von Monatsrechnungen, wonach das Risiko für Schäden aus einer elektronischen Zusendung der Monatsrechnung per E-Mail auf den Karteninhaber überwälzt werden sollte. Der OGH sah darin einen Verstoß gegen das Zahlungsdienstegesetz (§ 44 Abs 2 iVm § 36 Abs 1 ZaDiG). Demnach besteht eine Haftung des Zahlungsdienstnutzers im Fall nicht autorisierter Zahlungsvorgänge nur bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Verletzung von Sorgfaltspflichten bzw. bei betrügerischer Absicht.
Streitgegenständlich war auch die Frage, binnen welcher Leistungsfrist die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu ändern sind. Der OGH änderte die Leistungsfrist für das Verwenden der Klausel und das sich-darauf-Berufen von 3 Monaten auf 6 Monate, weil der Unternehmer aufgrund § 29 Abs 1 Z 1 ZaDiG Änderungen des Rahmenvertrages spätestens 2 Monate vor dem geplanten Zeitpunkt ihrer Anwendung vorzuschlagen hat und daher insgesamt 6 Monate angemessen waren.
Konkret ging es um folgende Klausel:
Card complete haftet nicht für Schäden, die aus einem gegenüber einer postalischen Zustellung allenfalls erhöhten Risiko einer elektronischen Zusendung der Monatsrechnung per E-Mail resultieren.
Die Klausel wurde aus folgenden Gründen für unwirksam erklärt:
Während in der Entscheidung 10 Ob 70/07b eine nahezu idente Klausel für rechtswirksam erkannt wurde (die sachliche Rechtfertigung der Klausel wurde darin gesehen, dass dieses Risiko eher der Sphäre des Karteninhabers, der den Auftrag zur elektronischen Zusendung der Monatsrechnung per E-Mail erteilt habe, zuzuordnen sei), war die gegenständliche Klausel im Lichte der Haftungsbestimmungen des ZaDiG zu prüfen. Grundsätzlich hielt der OGH fest, dass Vereinbarungen zum Nachteil des Verbrauchers betreffend der im ZaDiG geregelten Informationspflichten, Zahlungsvorgänge sowie Haftung unwirksam seien (§ 26 Abs 6 S1 ZaDiG).
Die Haftung des Kunden gegenüber der Bank im Fall von nicht autorisierten Zahlungsvorgängen ist in § 44 Abs 2 ZaDiG zwingend und abschließend geregelt. Diese Bestimmung sieht eine Haftung nur für jene Fälle vor, in denen der Kunde Schäden aus nicht autorisierten Zahlungsvorgängen durch die missbräuchliche Verwendung der Kreditkarte in betrügerischer Absicht ermöglicht oder durch vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung der Pflichten nach § 36 ZaDiG herbeigeführt hat. Bei Leichter Fahrlässigkeit ist die Haftung des Zahlers auf den Betrag von € 150,- beschränkt.
In allen anderen Fällen ist der Karteninhaber somit von einem Ersatz von Schäden befreit, die aus der Nutzung eines nach der Anzeige gemäß § 36 Abs 2 ZaDiG verwendeten Zahlungsinstruments entstanden sind. Die Bestimmung des § 36 ZaDiG regelt den Beginn der Frist des Karteninhabers, ab der er Fehlbuchungen unverzüglich anzuzeigen hat, subjektiv nach der tatsächlichen Kenntnis. Nach den Bestimmungen §§ 36 und 44 ZaDiG kommt es nicht darauf an, von wem die Initiative zu einer elektronischen Zusendung von Monatsrechnungen ausgeht.
Die vorliegende Klausel kann allerdings so verstanden werden, dass die Frist objektiv mit Versendung der E-Mail unabhängig davon zu laufen beginnt, ob der Karteninhaber von der Monatsrechnung und damit der Fehlbuchung Kenntnis erlangt hat. Das beklagte Kartenunternehmen könnte dadurch die Rückbuchung unautorisierter Zahlungsvorgänge trotz fristgerechter Rüge nach § 36 ZaDiG mit der Begründung verweigern, der Schaden wäre bei sofortiger Rüge ab hypothetischem E-Mail-Zugang abzuwenden gewesen.
Eine Haftung des Karteninhabers auch für Schäden, die aus einem vom Karteninhaber unverschuldeten Hindernis des Zugangs einer elektronisch versandten Monatsrechnung resultieren, widerspricht aber § 44 Abs 2 ZaDiG, weshalb die Klausel für unzulässig erklärt wurde.