Neben hohen Verzugszinsen dürfen nicht auch noch Mahnspesen in AGB vereinbart werden

Thema: In einem Verbandsverfahren der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte wurden zahlreiche Klauseln in einem Kreditkartenvertrag für unzulässig erklärt.  

Gesetz: § 6 Abs 3 ABGB, § 35 Abs 2 ZaDiG, § 6 Abs 2 Z 1 KSchG, § 6 Abs 1 Z11 KSchG, § 879 Abs 3 ABGB, § 44 Abs 2 ZaDiG, § 45 Abs 3 Satz 1 ZaDiG, § 36 Abs 3 ZaDiG, § 26 Abs 2 ZaDiG, § 31 Abs 4 ZaDiG, § 27 Abs 1 ZaDiG, § 31 Abs 4 ZaDiG, § 27 Abs 4 Z2, § 864a ABGB, § 1336 Abs 3 Satz 2 ABGB, § 1415 ABGB, § 1416 ABGB, § 29 Abs 1 Z 1 ZaDiG

Schlagwörter: Verbandsklage, Kreditkarte, intransparent, außerordentliche Kündigung, Haftung, Beweislast, Verschlüsselung, Kartenmissbrauch, gröbliche Benachteiligung, Querverweis, dauerhafter Datenträger, Rechnung, Papierform, Gebühren, Verzugszinsen, Rücklastschriftspesen, Mahnspesen, Vertragsänderung, Zustimmungsfiktion

Urteil: OGH 3.4.2019, 1 Ob 124/18v

Leitsatz: In dieser Entscheidung hält der OGH unter Berufung auf 6 Ob 120/15p ausdrücklich fest, dass es sich bei der Vereinbarung von Verzugszinsen mit einem die üblichen Zinsen übersteigenden Zinssatz um eine Vertragsstrafe handeln würde. Neben dieser Vertragsstrafe müsse der Ersatz von weiteren Schäden (im Anlassfall Mahnspesen) im Lichte des § 1336 Abs 3 Satz 2 ABGB im Einzelnen ausgehandelt werden, so der OGH. Das heißt aber, dass neben Verzugszinsen nicht auch noch  Mahnspesen im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Fall des Zahlungsverzuges des Schuldners wirksam vereinbart werden können. Will der Unternehmer neben den Verzugszinsen, die den üblichen Zinssatz übersteigen, auch noch Mahnspesen verrechnen, so bedarf es einer individuellen Vereinbarung mit dem Konsumenten. Solche individuellen Vereinbarungen gibt es im Regelfall nicht. Diese Entscheidung hat daher eine über den Anlassfall hinausgehende weitreichende Bedeutung, weil im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen vielfach neben ohnehin schon hohen Verzugszinsen auch noch hohe Mahnspesen ohne entsprechende Rechtsgrundlage verrechnet werden.

 

Folgende Klauseln waren strittig:

1. Der Kreditkartenvertrag kommt durch Zustellung der Kreditkarte (kurz: Karte) an den KI zustande (§ 864 Abs 1 ABGB). 

Der OGH verwies auf die Entscheidung 1 Ob 105/14v, in welcher eine ähnliche Klausel zu beurteilen war. Im Gegensatz zur vorliegenden Klausel ging es dort um die Zustellung der Karte an die im „Kartenauftrag “genannte Adresse, wobei sowohl die Geschäftsadresse als auch die Privatadresse angeführt waren. Der OGH hielt die Klausel für intransparent, weil die im Kartenauftrag genannte Adresse nicht eindeutig war. Im vorliegenden Fall enthielt der Kartenauftrag nur eine einzige Adresse, weshalb die Klausel nicht als intransparent angesehen wurde. 

2. Dem KI wird eine persönliche Identifikationsnummer (kurz: PIN) in einem Kuvert getrennt von der Karte übermittelt. 

Die Klausel regelt die Art der Übersendung und wurde als zulässig beurteilt. Unter Verweis auf 1 Ob 105/14v führte der OGH aus, dass die im Kartenantrag erteilte Zustimmung zur Übersendung des PIN-Codes ausreiche. Entgegen der Auffassung der Klägerin liege ein Verstoß gegen § 35 Abs 2 ZaDiG nicht vor. 

3.  S…. ist ferner berechtigt, das Vertragsverhältnis mit dem KI aus wichtigem Grund vorzeitig mit sofortiger Wirkung aufzulösen und die Karte durch jedes Vertragsunternehmen einziehen zu lassen, wenn die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar ist. Das liegt insbesondere dann vor, wenn der KI trotz Mahnung wiederholt mit der Begleichung der Forderungen in Verzug ist oder wiederholt sonstige wesentliche Pflichten aus diesem Vertrag verletzt hat. (Punkt 3.4.2.) 

Diese Klausel wurde als unzulässig beurteilt, weil die Formulierung „sonstige wesentliche Pflichten aus diesem Vertrag verletzt“ als intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG anzusehen sei. Überdies bilde die fehlende zeitliche Verknüpfung des „wiederholten“ Zahlungsverzugs einen verstoß gegen 3 6 Abs 2 Z 1 KSchG. Eine oft nur kurzfristige Kontoüberziehung sage nicht notwendigerweise etwas über die sonstigen Vermögensverhältnisse des Verbrauchers aus (9 Ob 31/15x). 

4. Eine abweichende Unterschrift des KIs ändert nicht die Haftung des KIs für die Erfüllung seiner mit der Karte eingegangenen Verbindlichkeiten. (Punkt 5.1.) 

Diese Klausel wurde für zulässig befunden. Selbst bei kundenfeindlichster Auslegung könne die Klausel nur so verstanden werden, dass der Karteninhaber auch dann hafte, wenn seine Unterschrift von seiner Musterunterschrift abweiche. Unterschriften seien selten völlig identisch bzw. würden sie sich im Laufe der Zeit ändern. Auch eine Beweislast des Kunden lasse sich aus der Klausel nicht ableiten. Ein Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG sei daher nicht begründet. 

5. Der KI ist nur solange berechtigt, die Karte oder die Kartendaten für Zahlungszwecke zu verwenden, als er in der Lage ist, die mit der Karte eingegangenen Verpflichtungen gemäß Punkt 11. rechtzeitig zu erfüllen und zu diesem Zweck während der Vertragsdauer einen Abbuchungsauftrag für Lastschriften aufrechterhält und für eine ausreichende Deckung seines Kontos Sorge trägt. (Punkt 5.2.) 

Unter Berufung auf 7 Ob 151/07t führte der OGH aus, dass eine grobe Benachteiligung des Konsumenten im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB dann vorliege, wenn das Lastschriftverfahren die einzig zulässige Zahlungsart sein soll. Es liege nämlich nicht im Interesse eines Konsumenten, dass gebräuchliche Zahlungsarten wie Barzahlung oder Überweisung zur Gänze ausgeschlossen seien. Da im vorliegenden Fall die Lastschrift als einzige Zahlungsart zugelassen war, wurde die Klausel als gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB angesehen. 

6. Zahlungsanweisungen auf elektronischem Weg sollten möglichst nur in verschlüsselten Systemen durchgeführt werden, in denen Daten nur mit dem Verbindungsprotokoll https (Hyper Text Transfer Protocol Secure) übertragen werden. (Punkt 5.3.) 

Die Klausel wurde für unzulässig befunden, weil die Formulierung „sollten möglichst nur“ für den Karteninhaber dazu führe, dass er eine vertragliche Sorgfaltspflicht verletzt, wenn er ein nicht verschlüsseltes System für seine Zahlungsanweisung benutzt, obwohl die Durchführung in einem verschlüsselten System konkret möglich gewesen wäre. Die Klausel verstoße daher gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG und auch gegen die abschließende Haftungsbestimmung des § 44 Abs 2 ZaDiG bzw. nunmehr § 68 ZaDiG 2018. 

7. Warnhinweis: Aus Sicherheitsgründen behält sich SIX vor, Transaktionen technisch nicht durchzuführen, falls kein für die jeweilige Transaktion sicheres System verwendet wird, insbesondere falls der KI sich nicht für das 3D Secure Verfahren registriert hat und der jeweilige Händler (Vertragspartner) die Transaktionsabwicklung über 3D Secure Verfahren anbietet. (Punkt 5.3.) 

Diese Klausel wurde für zulässig befunden. In dieser Klausel werde der Umfang der Leistungserbringung (Hauptleistungspflicht) geregelt, weshalb sie der Kontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB entzogen sei. Selbst wenn die Klausel der Inhaltskontrolle gemäß § 879 Abs 3 ABGB unterliegen würde, müsse dem Kreditkartenunternehmen die Möglichkeit gegeben werden, das Risiko eines Kartenmissbrauchs möglichst zu minimieren.  

8. Den Anspruch auf Erstattung hat der KI gegenüber SIX innerhalb von acht Wochen nach Belastung des Kartenkontos bei sonstigem Ausschluss des Anspruchs auf Erstattung geltend zu machen. (Punkt 6.3.) 

Diese Klausel wurde als rechtmäßig beurteilt. Sie gebe den Regelungsgehalt des § 45 Abs 3 Satz 1 ZaDiG (nunmehr § 71 Abs 1 Satz 1 ZaDiG 2018) korrekt wieder. Es werde keine unvollständige Rechtsbelehrung erteilt.  

9. Bedient der KI eine Selbstbedienungseinrichtung falsch, kann die Karte aus Sicherheitsgründen eingezogen werden. Diesem Sicherheitsmechanismus stimmt der KI zu. (Punkt 8.2.) 

Nach dem Wortlaut der Klausel sei klar, dass die Karte bereits bei der ersten falschen Bedienung eingezogen werden könne. Die Klausel sei im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB gröblich benachteiligend, die Möglichkeit des Karteneinzugs bei einmaliger Falschbedienung greife unverhältnismäßig in die Rechtsposition des Kunden ein. Eine falsche PIN-Eingabe könne jederzeit irrtümlich passieren, erst recht das bloße Drücken auf eine unpassende Taste. 

10. Im Fall von leicht fahrlässig verursachten Schäden ist die Haftung beschränkt auf Schäden aus der Verletzung von vertraglichen Hauptleistungspflichten, deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrags erst ermöglicht und auf deren Einhaltung der KI regelmäßig vertraut und vertrauen darf; in diesem Fall ist die Haftung auf den typischen vorhersehbaren Schaden beschränkt. (Punkt 8.3.) 

Diese Klausel ist intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG. Auch dem verständigen Kunden sei nicht klar, was unter „vertraglichen Hauptleistungspflichten, deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrags erst ermöglicht und auf deren Einhaltung der Karteninhaber regelmäßig vertraut und vertrauen darf“ zu verstehen sei. 

11. Die Frist für den KI zur Unterrichtung der SIX zur Erwirkung einer Berichtigung endet spätestens 13 Monate nach dem Tag der Belastung oder Gutschrift.  (Punkt 9.4.) 

Die vorliegende Klausel enthält keinen Hinweis auf das Erfordernis einer Information für die Befristung der Rügepflicht im Sinne des § 36 Abs 3 ZaDiG (nunmehr § 65 Abs 1 ZaDiG 2018) und wurde daher als intransparent beurteilt, weil die Rechtslage unvollständig wiedergegeben wird. 

12. Erfolgte die nicht autorisierte Verwendung der Karte, nachdem der KI den Verlust, Diebstahl, eine missbräuchliche Verwendung oder eine andere nicht autorisierte Nutzung der Karte SIX angezeigt hat, so ist Punkt 9.5.2. nicht anzuwenden, es sei denn, dass der KI betrügerisch gehandelt hat. Dasselbe gilt, falls SIX der Verpflichtung sicherzustellen, dass der KI jederzeit die Möglichkeit hat, den Verlust, den Diebstahl, die missbräuchliche oder nicht autorisierte Verwendung der Karte anzuzeigen, nicht entsprochen hat. (Punkt 9.5.3.) 

Diese Klausel wurde für zulässig befunden. Der OGH führte aus, dass der Verweis auf Punkt 9.5.2. nicht schaden würde, weil ein Querverweis in AGB nicht automatisch zur Intransparenz der verweisenden Klausel führt sondern nur dann, wenn die Rechtsfolgen aus dem Zusammenwirken der Klauseln unklar seien. Im vorliegenden Fall seien die Rechtsfolgen für den durchschnittlichen Kunden problemlos zu erfassen.  

13. Der KI kann für die Übermittlung der Monatsabrechnung zwischen der Zusendung in Papierform oder der Zugänglichmachung als Download auf der Homepage my.paylife.at samt entsprechender Benachrichtigung (per E-Mail an die zuletzt vom KI bekanntgegebene E-Mail-Adresse) über die Verfügbarkeit der Abrechnung wählen. (Punkt 11.1., 1. Satz) 

Die Klausel sei mit § 31 Abs 4 iVm § 26 Abs 1 Z 1 ZaDiG (nunmehr § 54 Abs 2  iVm § 47 Abs 1 ZaDiG 2018) und der dazu ergangenen Judikatur zum Begriff des „dauerhaften Datenträgers“ nicht vereinbar und daher unzulässig. Allein die Speichermöglichkeit des Kunden erfülle noch nicht die Anforderungen an einen dauerhaften Datenträger (4 Ob 58/18k). Nach der Rechtsprechung des OGH sei eine Website dann kein dauerhafter Datenträger, wenn die auf der Website befindlichen Dokumente jederzeit vom Zahlungsdienstleister gelöscht werden können.  

14. Sofern der KI eine Zusendung der Monatsabrechnung in Papierform verlangt, ist SIX berechtigt, dafür einen angemessenen Kostenersatz in Rechnung zu stellen. (Punkt 11.1., 3. Satz)

Kostenersatz für Übermittlung der Monatsabrechnung in Papierform gemäß Punkt 11.1. (ab 01.08.2017). EUR 1,10. (Punkt 18.10.) 

Unter Verweis auf 1 Ob 105/14v führte der OGH aus, dass für die Übermittlung der Monatsrechnung, abgesehen von einem Aufwandersatz, keine weiteren Entgelte  verrechnet werden dürfen. Die in 1 Ob 105/14v zu beurteilende Klausel sei deshalb unzulässig gewesen, weil neben den Versandspesen auch noch eine Gebühr für die Bereitstellung der Kontoauszüge verrechnet worden sei. Da Informationen nach § 27 Abs 1 ZaDiG (nunmehr § 33 Abs 1 ZaDiG 2018) unentgeltlich zur Verfügung zu stellen seien, widerspreche der in der vorliegenden Klausel vorgesehene Kostenersatz für die Übermittlung derMonatsabrechnung diesen Bestimmungen. 

15. Falls bei Geldausgabeautomaten Gebühren des Geldausgabeautomatenbetreibers anfallen, sind diese vom KI zu tragen. Er erklärt sich mit der Bezahlung dieses Entgelts und der Verrechnung über die Kartenabrechnung einverstanden. (Punkt 11.2.) 

Der 1. Satz dieser Klausel wurde für zulässig erklärt. Bargeldabhebungen bei nicht dem Kreditkartenunternehmen zurechenbaren Geldautomatenbetreibern seien keine Leistungen innerhalb des Rahmenvertrags (vgl RIS-Justiz RS0131876). Hinsichtlich fremder Geldausgabeautomaten beschränke sich die Verpflichtung des kartenausgebenden Kreditinstituts gegenüber dem Kunden darauf, ihm Zugang auch zu jenen Geldausgabeautomaten zu verschaffen, die von anderen Kreditinstituten aufgestellt worden seien (9 Ob 63/17f; 10 Ob 14/18h; 5 Ob 33/18s). Die Gebühren seien Gegenstand der Vereinbarung zwischen Karteninhaber und dem dritten Geldautomatenbetreiber und für das kartenausgebende Kreditinstitut nicht vorhersehbar.

Der 2. Teil dieser Klausel gibt die Rechtslage unzutreffend wieder und wurde als unzulässig beurteilt. Es handle sich um Leistungen außerhalb des Rahmenvertrages, weshalb der Kunde die Zustimmung zur Bezahlung des Entgelts nur gegenüber dem dritten Geldautomatenbetreiber abgeben könne. Die vorliegende Klausel vermittle dem Kunden hingegen, dass er die Zustimmung bereits in den AGB erteilt habe. Insofern sei dieser Teil der Klausel als intransparent anzusehen, weil dem Kunden ein unklares Bild seiner Rechtsposition vermittelt werde.   

16. Gerät der KI mit der Bezahlung der Abrechnung in Verzug, so ist SIX berechtigt,

Verzugszinsen vom jeweils aushaftenden Betrag, deren Höhe in Punkt 18.6. geregelt ist, zu fordern. … Die Zinsen werden monatlich zum Zeitpunkt der Abrechnung für einen Berechnungszeitraum, der jeweils einen Tag nach der vorangegangenen Abrechnung beginnt und mit dem Tag der nächsten Abrechnung endet, tageweise berechnet, kapitalisiert und angelastet. (Punkt. 13.) 

Die vorliegende Klausel wurde als intransparent beurteilt, weil ein entsprechender Hinweis auf den Zinseszinseffekt fehlte. Der OGH führte aus, dass in der Entscheidung 8 Ob 128/17g eine Klausel als intransparent beurteilt worden sei, weil der Kunde den Klauseln nicht entnehmen könne, ob und in welcher Weise die angelasteten Zinsenbeträge weiter verzinst werden. Mit derartigen Klauseln werde den Kunden verschleiert, dass der angegebene Sollzinssatz durch die unterjährige Kapitalisierung und Zinseszinsbildung insgesamt überschritten werde.  Auch in der Entscheidung 9 Ob 11/18k erklärte der OGH eine gleichlautende Klausel für intransparent, weil auch dort ein Hinweis auf den Zinseszinseffekt fehlte.  

17. Gerät der KI mit der Bezahlung der Abrechnung in Verzug, so ist S… berechtigt,

den Ersatz der durch den Verzug entstandenen Spesen gemäß Punkt 18.3. für jede Rücklastschrift sowie, im Fall des schuldhaften Verzugs, Kosten der Mahnungen gemäß Punkt 18.7. sowie….. zu fordern. (Punkt 13.)

Rücklastschriftspesen gemäß Punkt 13.: die jeweils in Rechnung erstellten Bankspesen zuzüglich einer Bearbeitungsgebühr von EUR 3,00. (Punkt 18.3.)

Mahnspesen gemäß Punkt 13:

Bei einer offenen Forderung

Bis zu € 100                            € 6

Von € 101 bis zu 500            € 12

Von € 501 bis zu €1.000      € 18 (Punkt 18.7.) 

Die Klausel wurde für unzulässig erklärt, weil neben Verzugszinsen auch noch Mahnspesen verrechnet wurden. Der OGH führte aus, dass die Vereinbarung von Verzugszinsen mit einem die üblichen Zinsen übersteigenden Zinssatz eine Vertragsstrafe sei. Im Hinblick auf § 1336 Abs 3 Satz 2 ABGB müsse der Ersatz von weiteren Schäden neben der Vertragsstrafe in Verbraucherverträgen im Einzelnen ausgehandelt werden (6 Ob 120/15p).    

18. Einlangende Zahlungen des KIs werden zuerst auf Zinsen, dann auf Kosten und dann auf Kapital angerechnet. (Punkt. 13.)

Die Klausel wurde unter Berufung auf 6 Ob 17/16t und 6 Ob 228/16x als gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB beurteilt, weil der Beklagten die Möglichkeit eingeräumt wird, eingehende Zahlungen des Kunden entgegen seiner Widmung anzurechnen. 

19.  Die Änderungen der Geschäftsbedingungen und des Leistungsumfangs gelten als genehmigt und vereinbart, wenn der KI nicht innerhalb von 2 Monaten nach Zustellung widerspricht, wenn solche Änderungen aufgrund neuer Gesetze oder Rechtsprechung oder technischer Innovationen (z. B. neue Kartenprodukte, neue Kartenfunktionen) notwendig oder aus Gründen der Sicherheit des Betriebes eines Kreditkartenunternehmens geboten sind, und dadurch die Hauptleistungspflichten von SIX aus dem Kreditkartenvertrag nicht mehr als geringfügig eingeschränkt werden. (Punkt 15.1.)

Die Klausel wurde als intransparent beurteilt, weil unklar bleibt, ab wann geänderte Bedingungen anzuwenden sind. Die Rechtslage (§ 29 Abs 1 Z 1 ZaDiG und nunmehr § 50 Abs 1 Z 1 ZaDiG) werde somit nicht vollständig dargestellt. Die unvollständige Wiedergabe der Rechtslage könne aber die Intransparenz einer Klausel bewirken.

20.  Die Änderungen gelten als genehmigt und vereinbart, wenn der KI nicht innerhalb von 2 Monaten nach Zustellung widerspricht, sofern die Erhöhung von Entgelten höchstens 10 % des zuletzt gültigen Entgelts beträgt. (Punkt 15.2.)

Die vorliegende Klausel wurde als gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB beurteilt, weil sie eine mehrmalige Entgelterhöhung binnen eines Jahres ermögliche. 

21.       Verzugszinssatz gemäß Punkt 13.: 10 % über dem jeweiligen Basiszinssatz (=Referenzzinssatz) der Oesterreichischen Nationalbank (Punkt 18.6.)

Diese Klausel wurde deshalb beanstandet, weil die Verzugszinsen aufgrund der unüblichen täglichen Kapitalisierung bei weitem höher seien. Dieser Rechtsauffassung folgte der OGH nicht, die Klausel wurde unter Verweis auf 9 Ob 31/15x, wo eine wortgleiche Klausel für nicht gröblich benachteiligend angesehen wurde, für zulässig erklärt.

22.       Der KI erhält nach einer durchgeführten Zahlungstransaktion (kurz: Transaktion) mit seiner Karte bei einem Vertragsunternehmen oder nach einer Bargeldbehebung mit seiner Karte bei einem Geldausgabeautomaten eine „Info SMS“, sofern die vorgenommene Transaktion online autorisiert (z. B. bei Transaktionen über EUR 150,00) wurde. Erfolgte keine Online-Autorisierung, ist ein Versand der „Info SMS“ nicht möglich. (Punkt 3.1.)

Die Klausel wurde als intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG beurteilt, weil unklar bleibe, bei welchen Transaktionen der Karteninhaber eine Info-SMS erhält. Einerseits werde das Versenden einer SMS von der Online-Autorisierung der Transaktion abhängig gemacht und anderseits soll eine solche Online-Autorisierung beispielsweise bei Transaktionen über 150 Euro vorliegen. Das Eine habe mit dem Anderen nichts zu tun, so der OGH. Überdies regle die Klausel eine von der Beklagten geschuldete Nebenleistung und sei daher auch einer Prüfung nach § 879 Abs 3 ABGB zugänglich. Dabei handle es sich um eine entgeltliche Leistung (1 EUR pro Karte und Monat). Was die Beschränkungen der Leistungen auf Transaktionen über 150 EUR rechtfertige, bleibe fraglich. Dem Interesse des Karteninhabers über sämtliche nicht autorisierte Transaktionen informiert zu werden, stehe kein gleichwertiges Interesse der Beklagten an der Einschränkung des Info-SMS-Dienstes gegenüber. Die Klausel wurde daher als gröblich benachteiligend beurteilt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Unzulässige Wertanpassungsklauseln in den Allgemeinen Bedingungen eines Rechtsschutzversicherers

Thema: In einem Verbandsklagsverfahren der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte hat der OGH Wertanpassungsklauseln eines Rechtsschutzversicherers (ARB 2005 bzw. ARB 2015) für unwirksam erklärt

Gesetz: § 6 Abs 3 KSchG; § 879 Abs 3 ABGB; § 29 VersVG; § 864 a ABGB; § 6 Abs 1 Z 5 KSchG; § 6 Abs 1 Z 2 KSchG

Schlagwörter: Rechtsschutzversicherung, Tarifänderung, Prämie, Wertanpassung, Versicherungssumme, Vertragsänderung, Prämienerhöhung, Erklärungsfiktion, gröbliche Benachteiligung, intransparent

Urteil: OGH 27.2.2019, 7 Ob 242/18s

Leitsatz: Sinkt der Wert der Versicherungssumme inflationsbedingt, liegt es an den Parteien, ob und in welchem Ausmaß sie eine Anpassung des Versicherungsvertrags vornehmen wollen. Für eine verpflichtende Wertanpassung besteht kein schutzwürdiges Interesse des Versicherers. Eine unter Sanktion gestellte Wertanpassung ist unwirksam und verstößt gegen § 864a und § 879 Abs 3 ABGB.

 

 Folgende Klauseln waren strittig:

Artikel 13.5. ARB 2005

Klausel 4)

Wird eine Erhöhung des versicherten Risikos durch Änderung oder Neuschaffung von Rechtsnormen oder durch eine Änderung der Judikatur der Höchstgerichte bewirkt, so kann der Versicherer innerhalb eines Jahres ab Inkrafttreten der Rechtsnormen oder Veröffentlichung der geänderten Judikatur mittels eingeschriebenen Briefes

5.1. dem Versicherungsnehmer eine Änderung des Versicherungsvertrages anbieten oder

5.2. den Versicherungsvertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat kündigen.

Das Angebot zur Änderung des Versicherungsvertrages gilt als angenommen, wenn es nicht innerhalb eines Monates nach seinem Empfang schriftlich abgelehnt wird.

Bei Ablehnung des Anbotes gilt der Versicherungsvertrag als vom Versicherer gekündigt. In diesem Fall endet der Versicherungsvertrag einen Monat nach Empfang der Ablehnung.

Im Anbot zur Vertragsänderung hat der Versicherer auf diese Rechtsfolgen ausdrücklich hinzuweisen.

Für die Prämienberechnung ist Artikel 15.3.2. sinngemäß anzuwenden.

Der OGH führte aus, dass diese Klausel, die eine nachträgliche Erhöhung des versicherten Risikos mit eigenen Rechtsfolgen zum Gegenstand hat, entgegen der Rechtsansicht des beklagten Versicherers als eigenständige Regelung zu prüfen sei. Während in allen anderen Punkten des Art 13 ARB 2005 jeweils auf die Änderung eines für die Übernahme der Gefahr erheblichen Umstands Bezug genommen werde, sei eine solche Einschränkung in Art 13.5 nicht enthalten. Dadurch würden die Kündigungsmöglichkeiten entgegen § 29 VersVG nicht auf Fälle erheblicher und nicht vereinbarter Gefahrenerhöhungen beschränkt.

Die Klausel wurde daher gemäß § 879 Abs 3 ABGB für nichtig befunden. Überdies lässt die Klausel im Wege einer Zustimmungsfiktion Vertragsänderungen unbeschränkt zu, weshalb die Klausel auch als intransparent bzw. gröblich benachteiligend beurteilt wurde. 

 

2.1. Artikel 14 ARB 2005

 Klausel 5a)

Die Prämie und die Versicherungssumme sind aufgrund des bei Abschluss des Vertrages geltenden Tarifs erstellt. Sie unterliegen jenen Veränderungen des Tarifes, die sich aufgrund von Veränderungen des Gesamtindex der Verbraucherpreise 1986 oder bei dessen Entfall des entsprechenden Nachfolgeindex ergeben. Die jeweilige Tarifberechnung erfolgt unter Anwendung der Indexziffer des letzten Monats eines jeden Kalendervierteljahres (Berechnungsmonat). 

Eine Tarifänderung wirkt auf Prämie und Versicherungssumme frühestens ab der Prämienhauptfälligkeit, die drei Monate nach Ablauf des Berechnungsmonats eintritt. Prämie und Versicherungssumme verändern sich gegenüber den zuletzt gültigen im gleichen Verhältnis wie der jeweils maßgebliche Index. Beträgt der Unterschied nicht mehr als 0,5 Prozent, unterbleibt eine Wertanpassung, doch ist dieser Unterschied bei späteren Veränderungen des Index zu berücksichtigen. Beträgt der Unterschied mehr als 0,5 Prozent und unterbleibt trotzdem ganz oder teilweise eine Wertanpassung, kann dieser Unterschied bei späteren Wertanpassungen angerechnet werden.  

Klausel 6a)

Der Versicherungsnehmer ist berechtigt, die Wertanpassung unbeschadet des Fortbestands der sonstigen Vertragsbestimmungen unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten auf den Zeitpunkt der nächsten Prämienhauptfälligkeit zu kündigen.

Tritt nach der Kündigung eine Erhöhung des Tarifes aufgrund der Wertanpassung in Kraft, vermindert sich die Leistung des Versicherers im gleichen Verhältnis, in dem die vom Versicherungsnehmer zu zahlende Prämie zu der im Zeitpunkt des Versicherungsfalls gültigen Tarifprämie steht. 

 

2.2. Artikel 14 ARB 2015

Klausel 5b) 

Die Prämie und die Versicherungssumme wurden aufgrund des bei Abschluss des Vertrages geltenden Tarifs erstellt. Sie unterliegen jenen Veränderungen des Tarifes, die sich aufgrund von Veränderungen des Gesamtindex der Verbraucherpreise 1986 oder bei dessen Entfall des entsprechenden Nachfolgeindex ergeben. Die jeweilige Tarifberechnung erfolgt unter Anwendung der Indexziffer des letzten Monats eines jeden Kalendervierteljahres (Berechnungsmonat). 

Eine Tarifänderung wirkt auf Prämie und Versicherungssumme frühestens ab der Prämienhauptfälligkeit, die drei Monate nach Ablauf des Berechnungsmonats eintritt. Prämie und Versicherungssumme verändern sich gegenüber den zuletzt gültigen im gleichen Verhältnis wie der jeweils maßgebliche Index. Beträgt der Unterschied nicht mehr als 0,5 Prozent, unterbleibt eine Wertanpassung, doch ist dieser Unterschied bei späteren Veränderungen des Index zu berücksichtigen. Beträgt der Unterschied mehr als 0,5 Prozent und unterbleibt trotzdem ganz oder teilweise eine Wertanpassung, kann dieser Unterschied bei späteren Wertanpassungen angerechnet werden. (Artikel 14, Punkt 1. und 2.) 

Klausel 6b)

3. Der Versicherungsnehmer ist berechtigt, die Wertanpassung unbeschadet des Fortbestands der sonstigen Vertragsbestimmungen unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten auf den Zeitpunkt der nächsten Prämienhauptfälligkeit zu kündigen.

Tritt nach der Kündigung eine Erhöhung des Tarifes aufgrund der Wertanpassung in Kraft, vermindert sich die Leistung des Versicherers im gleichen Verhältnis, in dem die vom Versicherungsnehmer zu zahlende Prämie zu der im Zeitpunkt des Versicherungsfalls gültigen Tarifprämie steht. (Artikel 14, Punkt 3.) 

 

Das Berufungsgericht erachtete die zu 7 Ob 62/15s beurteilten Klauseln als mit den hier vorliegenden Klauseln des Art 14 ARB 2005 als nahezu wortident und die Art. 14.1 und Art 14.2 ARB 2015 in den wesentlichen Punkten mit Art 14.1 und Art 14.2 ARB 2005 als sinngleich.

Der OGH folgte dieser Rechtsansicht und führte aus, dass beide Fassungen in wesentlichen Teilen mit den zu 7 Ob 62/15s beurteilten ARB 2012 eines anderen Versicherers bedeutungsgleich seien. Sowohl Art 14 ARB 2005 bzw. Art 14 ARB 2015 regeln die Wertanpassung insgesamt und seien daher als Einheit zu behandeln und insgesamt zu beurteilen. Dazu hat der OGH in 7 ob 62/15s bereits ausgeführt, dass die Hauptleistungspflicht des Versicherers in der Rechtsschutzversicherung in der Kostenübernahme bestehe. Die Versicherungssumme und die Leistung seien denselben inflationsbedingten Schwankungen ausgesetzt, die für Versicherungsprämien gelten. Grundsätzlich sei die Äquivalenz zwischen Versicherungssumme und Prämie beim Vertragsabschluss festgelegt. Mit der Höhe der Versicherungssumme wähle der Versicherungsnehmer den Umfang der von ihm gewünschten Deckung. Sinke der Wert der Versicherungssumme inflationsbedingt, liege es an den Parteien, ob und in welchem Ausmaß sie eine Anpassung des Versicherungsvertrags vornehmen wollen. Sollte der Versicherungsnehmer eine Erhöhung ablehnen, würde sich an der Äquivalenz zwischen Versicherungssumme und Prämie nichts ändern, die Leistungen im Versicherungsfall blieben unverändert (vgl auch 7 Ob 168/17g). Für eine verpflichtende Wertanpassung bestehe kein schutzwürdiges Interesse des Versicherers. Durch die vorliegende Klausel würde sich der Versicherer die stetige Erhöhung der Prämie (wenn auch gegen Erhöhung der Versicherungssumme) sichern und zwar unabhängig vom konkreten Willen des Versicherungsnehmers. Dem Versicherer bliebe es unbenommen, seine Vertragspartner auf das Risiko einer Unterversicherung aufmerksam zu machen und eine entsprechende Anpassung anzubieten. Eine unter Sanktion gestellte Wertanpassung, wie in Art 14 ARB 2012 vorgesehen, sei aber unwirksam (Verstoß gegen § 864a und § 879 Abs 3 ABGB). An dieser Rechtsprechung hält der OGH auch im vorliegenden Fall betreffend Art 14 ARB 2005 und Art 14 ARB 2015 fest. Diese Klauseln würden nicht mehr gegen das Zweiseitigkeitsgebot im Sinn des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG verstoßen, weil hier der in der Entscheidungen  7 Ob 62/15s zu beurteilende Passus ( ARB 2012), wonach allfällige Senkungen aufgrund von Indexveränderungen, die mehr als 0,5% betragen, vom Versicherer bei späteren Wertanpassungen angerechnet werden können (aber nicht müssen) nicht mehr enthalten sei.

Art 14.1 ARB 2005 und ARB 2015 nehmen Bezug auf „Veränderungen des Tarifs“, die sich aufgrund von Indexveränderungen ergäben, wobei unklar bleibe, nach welchen Parametern sich Prämie und Versicherungssumme letztlich bestimmen. Solche Klauseln, die das eigentliche Leistungsversprechen einschränken, verändern oder aushöhlen, würden nach ständiger Judikatur der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB nicht standhalten und seien auch intransparent, so der OGH.  Auch die unbeschränkte Möglichkeit der Vertragsänderung mittels Erklärungsfiktion sei als intransparent zu beurteilen. 

 

 

 

Verbandsklage gegen Hutchison Drei Austria GmbH

Thema: Im Auftrag der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte wurde eine Verbandsklage wegen unzulässiger Klauseln gegen Hutchison Drei Austria GmbH eingebracht.   

Gesetz: § 879 Abs 3 ABGB, § 25 Abs 3 TKG

Schlagwörter: Verbandsklage, Telekommunikation, gröbliche Benachteiligung, Hauptleistung, Gesprächsguthaben, Auszahlung, Vertragsänderung, Kündigungsfrist

Urteil: OGH 24.5.2017, 9 Ob 14/17z

Leitsatz: Der OGH erklärte zwei von drei Klauseln für unzulässig. Die Zusage, dass ein Guthaben ein „ganzes 3Leben lang“ gelten soll und nicht verfällt, kann nicht durch ein einseitiges Änderungsschreiben zum Nachteil des Kunden geändert werden.  Eine Klausel, die eine nachträgliche zeitliche Beschränkung des Guthabens vorsieht, verstößt gegen § 879 Abs 3 ABGB.  Auch die Verlängerung der Kündigungsfrist von 8 auf 12 Wochen ist unzulässig, da sie den Teilnehmer daran hindert, zeitnah auf aktuelle Aktionen zu reagieren und ein Wechselhindernis darstellt. Hingegen wurde eine Klausel für zulässig erklärt, wonach bei Beendigung des Vertrages keine Barauszahlung von Guthaben erfolgen soll, weil der Kunde in diesem Fall im Unterschied zu Wertgutscheinen keine Vorauszahlung zu leisten hat.

Folgende Klauseln waren strittig:

1) SixBack Bonus: für jede volle Minute eines eingehenden Gesprächs aus einem anderen österreichischen Mobilnetz gibt es 6 Cent Gesprächsguthaben! Keine Barablöse oder Aus­zahlung möglich.

Entgegen der Rechtsauffassung der beklagten Partei ging der OGH davon aus, dass diese Klausel der Inhaltskontrolle gemäß § 879 Abs 3 ABGB unterliege. Nach ständiger Rechtsprechung sei eine Ausnahme von der Inhaltskontrolle gemäß § 879 Abs 3 ABGB eng zu verstehen (RIS-Justiz RS0016908; RS0128209; Krejci in Rummel/Lukas ABGB § 879 Rz 238). Unter diese Ausnahme würden nur jene „Hauptpunkte“ fallen, die die Parteien vereinbaren müssen, damit überhaupt ein hinreichend bestimmter Vertrag (§ 869 ABGB) zustande kommt. Lediglich die individuelle ziffernmäßige Umschreibung der Hauptleistungen (RIS-Justiz RS0016908 [T5] wäre kontrollfrei. Im vorliegenden Fall gehöre zu den Hauptleistungen der beklagten Partei die den Kunden zur Verfügung gestellte Möglichkeit zur Kommunikation in Form von Telefonaten. Das Unterlassungsbegehren würde sich nicht gegen eine der Hauptleistungen richten, da die dem Kunden eingeräumte Möglichkeit, sich durch die Entgegennahme von Gesprächen aus Fremdnetzen ein Guthaben zu erwerben, kein Teil der Hauptleistung sei.

Die Klausel fällt zwar in den Anwendungsbereich des § 879 Abs 3 ABGB, allerdings sah der OGH in dieser Klausel keine gröbliche Benachteiligung des Kunden.

Im Unterschied zum „Pre-paid-Bereich“ sei die dem Kunden gewährte Vergünstigung von Rechnungsgutschriften von einer Vorleistung des Kunden unabhängig. Nach der Zusage der beklagten Partei profitiert der Teilnehmer davon, dass möglichst viele Teilnehmer aus anderen österreichischen Netzen anrufen. Die beanstandete Klausel würde ein so erworbenes Guthaben mit der Vertragslaufzeit begrenzen. Für den Verbraucher sei auch ausreichend transparent, dass er bei Beendigung des Vertrages keine Barauszahlung erhalten könne. Diese Klausel stehe auch nicht im Widerspruch zum kostenlosen Kündigungsrecht des Kunden gemäß § 25 Abs 3 TKG im Fall der einseitigen Vertragsänderung der beklagten Partei. Bei einer Kündigung gemäß § 25 Abs 3 TKG würde der Kunde im Unterschied zum Guthaben aus Wertgutscheinen (dazu 1 Ob 222/15a) oder zu Wertkarten-Ladevorgängen (9 Ob 40/06g) nur ein Guthaben verlieren, welches nicht aus einer Vorauszahlung resultiert sondern aus einer von der beklagten Partei gewährten Vergünstigung für ein bestimmtes Verhalten.

Ein Verstoß gegen die Kündigungsmöglichkeit nach § 25 Abs 3 TKG sei nicht erkennbar, weil für den Kunden durch die Vertragsbeendigung keine Kosten entstehen. Ein Kunde würde üblicherweise auch gar nicht damit rechnen, dass er beim Vertragsende ohne eine entsprechende Vorauszahlung ein Entgelt ausbezahlt erhält.

 Änderungsschreiben vom 12.9.2014:

 2) Zum Stichtag (19.10.2014) bestehende Guthaben können mit den NewSix-Tarifen wie gewohnt bis zum 19.10.2014 genützt werden.

Entgegen der Rechtsauffassung der beklagten Partei hielt der OGH zunächst fest, dass die durch diese Mitteilung erklärte Änderung der Kontrolle von allgemeinen Geschäftsbedingungen nach § 28 KSchG (4 Ob 117/14f mwN) unterliege. Ein Unternehmer würde sich schon dann auf eine Klausel berufen, wenn sie nur Inhalt oder Kalkulationsgrundlage einer Mitteilung an den Verbraucher ist, selbst wenn es sich dabei um eine bloße Wissenserklärung handelt (8 Ob 132/15t mwN). Die beklagte Partei selbst ging erkennbar davon aus, dass die in ihrem Änderungsschreiben enthaltene Mitteilung Vertragsinhalt werden sollte, weil sie ihre Kunden darin über eine nicht ausschließlich begünstigende Änderung der Vertragsbedingungen informiert und in diesem Schreiben aus diesem Anlass auch das kostenlose Kündigungsrecht erwähnt. Die Vorinstanzen kamen übereinstimmend zum Ergebnis, dass die Beklagte ihre Zusage, nach der das Guthaben „ein ganzes 3Leben lang“ gelten soll und „nicht verfällt“ durch das Änderungsschreiben unzulässig einseitig abändert. Die nachträgliche zeitliche Beschränkung des Guthabens bedeute eine Vertragsverletzung und einen Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB. Nach Auffassung des OGH sei auch die Wortfolge „ein ganzes 3Leben lang“ entgegen der Rechtsansicht der Beklagten nicht mehrdeutig, weil weder auf einen bestimmten Tarif noch auf eine besondere Aktion Bezug genommen wird. Schon in der Entscheidung 4 Ob 115/13k hat der OGH ausgesprochen, dass eine Werbeaussage gegen die Bestimmungen der §§ 1, 1a und 2 UWG verstößt, weil darin Verträge um ein monatliches Grundentgelt „auf die Dauer der Vertragslaufzeit“ angeboten wurden und dann während der Laufzeit einseitig das Grundentgelt erhöht wurde. Diese Werbeankündigungen könnten nicht anders verstanden werden, als dass das Grundentgelt auf die Dauer der Vertragslaufzeit garantiert werde.

3) Kündigungsfrist 12 Wochen

Mit dieser Vereinbarung wurde die Kündigungsfrist von zuvor 8 Wochen auf 12 Wochen verlängert. Die Beklagte brachte dazu vor, dass eine solche Frist im Mobilfunkbereich durchaus üblich sei und die Regulierungsbehörde diese Frist auch nicht beanstandet habe. Überdies führte die Beklagte in der Revision einen massiven Anstieg der Kosten der Betreiber für den Netzausbau ins Treffen. Der OGH sah darin allerdings keine Rechtfertigung für eine Verlängerung der Kündigungsfrist um zusätzliche 4 Wochen. Wenn ein Kunde auf eine „Aktion“ eines Konkurrenzunternehmens reagieren möchte, so habe er ein erhebliches Interesse an einer möglichst kurzen Kündigungsfrist. Im Vergleich zum Interesse des Kunden sei der Hinweis der Beklagten auf die branchenübliche Dauer kein überzeugendes Gegengewicht. Auch die Wertung des § 25d Abs 3 TKG würde auf dieser Linie liegen.  Lange Kündigungsfristen, automatische Vertragsverlängerungen und ungünstige Kündigungstermine seien wesentliche Wechselhindernisse; Teilnehmer könnten dadurch nicht zeitnah auf aktuelle Angebote reagieren. Abgesehen davon, dass die Bezugnahme auf gesteigerte Kosten für den Netzausbau erstmals in der Revision erfolgt sei, waren die Auswirkungen der Verlängerung der Kündigungsfrist für die Kostendeckung der Beklagten auch nicht plausibel. Der Gesetzgeber habe deshalb für neue Verträge eine einmonatige Kündigungsfrist zu Gunsten der Verbraucher zwingend geregelt.